Ist französischer Rap noch politisch?

Allen Akino ist Rapper und Sänger. Der Dreißigjährige gibt wenig über sich preis, doch sein Lebenslauf spricht für sich: Alben, Duette mit IAM, Kollaborationen mit Jul und Songtexte für zahlreiche Künstler. Er zählt sich selbst bereits zur „alten Garde“ und spürt gerne den Unterschieden im Engagement der Generationen nach. Jede Woche leitet er Schreibworkshops in sozialen Einrichtungen in der Nähe von Marseille, beispielsweise im Wohnprojekt Notre-Dame-des-Marins in Martigues (Bouches-du-Rhône). Die Herausforderung des Tagesworkshops: ein Drehbuch, eine Geschichte in sechzehn Takten. „Ein armer Mensch, der reich wird – man muss erklären, was passiert ist“, erklärt Akino und startet den eigens für diesen Anlass komponierten Instrumentaltrack.
Im Raum sind etwa zehn Teenager. Sie wohnen alle in der Nachbarschaft und sind alle überrascht von der Anwesenheit eines Journalisten: „ Le Monde , was ist das? Bist du auf Insta?“ Sie sind besonders überrascht, dass die Presse wegen etwas anderem kommt als wegen Drogen oder Abrechnungen, ein Stück Alltag hier. Nach einer Stunde Arbeit erzählen alle, ohne Ausnahme, von einer Figur, die durch Drogenhandel reich geworden ist: „Der Stuhl/Das Gefängnis/Marbella“. Ohne sich täuschen zu lassen: „Er hat sein Leben ruiniert, indem er 100 Gramm an der High School verkauft hat“, „DPJJ [Department of Youth Judicial Protection] / Ich hätte fast mein Leben ruiniert.“
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Le Monde