Golferin Laura Fünfstück: Ihr Weg von Frankfurt an die Weltspitze

Laura Fünfstück, eine der besten Golferinnen Deutschlands, hatte schon mit drei Jahren den richtigen Schwung. Als ihre Eltern dem kleinen Mädchen Plastikschläger schenkten, funkte es gleich. Das war der Anfang einer Karriere, die sie von Langen in die Welt geführt hat. Sie lebt jetzt in London. Gerade besucht sie die Familie und ihren heimatlichen Golf-Club Neuhof in Dreieich. Das Top Magazin hat die Gelegenheit wahrgenommen, um mit der 30-Jährigen darüber zu sprechen, warum einen dieser Sport nicht mehr loslässt. Die Faszination teilt sie mit rund 700.000 Aktiven in Deutschland.
Wir treffen Laura im Clubhaus. Es ist ein guter Moment. Sie hat zum Auftakt der Ladies European Tour (LET) gezeigt, was in ihr steckt. Platz sechs in Kapstadt bei der South Africa Women’s Open war eine Ansage. „2022 hat mich eine Rückenverletzung gestoppt“, erzählt sie. Auch die nächsten beiden Jahre seien dann nicht optimal gelaufen. Das scheint weit hinter ihr zu liegen. Sie ist zuversichtlich.
„Ich stehe erst in der Mitte meiner Laufbahn. Wenn ich irgendwann nicht mehr weiterkomme, höre ich auf. “ – Laura Fünfstück
Schwungtechnisch hat sie einiges umgestellt und kann beim Schlag nun wieder richtig Power entwickeln. „Ich stehe erst in der Mitte meiner Laufbahn“, sagt die bei allem Ehrgeiz entspannt wirkende Hessin. Golf gehört zu den schwierigsten Sportarten der Welt. Nun möchte sie angreifen. „Wenn ich irgendwann nicht mehr weiterkomme, höre ich auf.“

Das Tüfteln am eigenen Spiel gehört auch bei Hobbygolfern zum Alltag. Und doch gibt es Tage, Wochen und Monate, in denen fast gar nichts läuft. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, das eigene Spiel auf ein neues Level zu heben – wie Rundenanalysen mit Golf-Tracking-Instrumenten. Ein kleines Aufzeichnungsgerät wird am Schläger befestigt und der Empfänger am Gürtel angebracht. GPS-Technik, Kompass und Beschleunigungsmesser speichern Daten, die jederzeit abrufbar sind.
„Du kannst heute alles ultratechnisch machen“, führt Laura Fünfstück aus. „Du kriegst eine Fülle von Informationen über deinen Vorwärts-, Rückwärts-, oder Seitwärtsspin. Über die Schlägerkopfgeschwindigkeit. Die Schlägerhaltung und die Winkel. Über Höhe und Kurven. Und über die Weite.“
Wichtig sei aber vor allem, bei sich zu bleiben. Mentale Stärke beeinflusse die Punktzahl ganz wesentlich und sei entscheidend für ein gutes Abschneiden. Doch das ist leichter gesagt als getan. „Du kannst nichts erzwingen. Lass es zu Dir kommen“, rät die Spitzengolferin, die aktuell in Europa zu den Top 50 gehört. Natürlich solle man sich trotzdem in gewissen Situationen auch mal pushen. „Druck aufbauen kann bei einer Aufholjagd sehr helfen“, ist Laura überzeugt.
Die unberechenbare Faszination des GolfsportsBeim Golfen muss vieles bedacht und abgewogen werden. Dazu tragen schon die äußeren Bedingungen bei. Heute regnet es, morgen scheint die Sonne. Hier ist das Gras flach geschnitten, dort steht es hoch. Mal dreht der Wind, mal ist Flaute.
Es gibt Abschläge, Annäherungsschläge und das finale Putten. Mal gelingt dies, mal jenes, aber fast nie alles zusammen. Die Erzählungen von Golfern berichten zwar durchaus von Erfolgen und Fortschritten. Doch meistens werden Tragödien geschildert, die sich mal wieder auf der Strecke abgespielt haben. Sie lassen die Spieler oft fassungslos zurück und verfolgen sie noch im Schlaf.
„Selbst ein schlechter Tag auf dem Platz ist magisch! Es gibt ein oder zwei Schläge, die deine Hoffnung aufrechterhalten und dich bereit machen, wieder zu spielen.“ – Laura Fünfstück
Das Ganze ist ein Drama. Und trotzdem verlieren die wenigsten den Glauben, dass irgendwann die Traumrunde gelingt. Typisch ist das Statement eines Anfängers, der erst spät zu seiner Passion gefunden hat. Auf einer Chatplattform erklärt er seine wiederkehrende Verzweiflung, wie er sich als eigentlich guter Sportler nur so dumm anstellen könne. „Doch selbst ein schlechter Tag auf dem Platz ist magisch! Es gibt ein oder zwei Schläge, die deine Hoffnung aufrechterhalten und dich bereit machen, wieder zu spielen.“

Natürlich ist es ein Vorteil, wenn man wie Laura Fünfstück schon als Kind mit dieser besonderen Wissenschaft Golf begonnen hat. „Während der Schulzeit habe ich noch parallel Basketball gespielt“, verrät sie. „Das fand ich eine Zeit lang sogar aufregender. Doch da kam ich schnell an Grenzen. Ich war nicht die Schnellste. Und auch nicht die beste Scorerin.“ Ihr Riesentalent für das Golfen war dagegen von Anfang an offensichtlich. Und zeigte sich in frühen Turniererfolgen. Bald wurden Experten auch im Ausland auf sie aufmerksam. 2013 gewann sie mit 18 Jahren die French International Lady Juniors Amateur Championship.
Prägende Jahre am College of CharlestonAls sie nach dem Abitur in den Vereinigten Staaten studieren wollte, bemühte sich das College in Charleston in South Carolina erfolgreich um die Deutsche. „Ich kam in ein mega nettes Team mit einem sehr guten Coach, mit dem ich heute noch Kontakt halte“, berichtet sie. „Charleston ist gemütlich und überschaubar mit einem echten Stadtzentrum, alten Villen und berühmten Alleen.“ Und sei doch offen und liberal im Unterschied zu vielen anderen Ecken im konservativen Süden der USA. Laura Fünfstück hatte dort zwischen 2013 und 2017 eine spannende Zeit. „Auch menschlich habe ich mich weiterentwickelt.“
Disziplin als Fundament für die ProfikarriereGeschenkt wurde ihr nichts. „Der Aufenthalt war mit sehr harter Arbeit verbunden“, resümiert sie. „An jedem Tag wurde trainiert. Pro Semester durfte man höchstens zweimal fehlen. Und das auch nur mit einer plausiblen Begründung.“ Sie hält mit den meisten Golf-Turniersiegen noch immer den Collegerekord. Nebenher schloss sie noch ein Finance-Studium mit dem Bachelor ab. „Ich habe damals gespürt, dass ich die nötige Disziplin für eine Profilaufbahn besitze.“
„Den Schritt zum Profi habe ich nie bereut. Auch wenn es schon mal durch tiefe Täler ging.“ – Laura Fünfstück
2018 wurde das Golfen für Laura zum Beruf. „Den Schritt habe ich nie bereut. Auch wenn es schon mal durch tiefe Täler ging.“ Das Jahr als „Rookie“ verlief vielversprechend. Doch Erfolge sind bei dieser Sportart nicht programmierbar. 2025 scheint alles auf dem richtigen Weg zu sein. Die biodynamische Umstellung ihres Spiels hat eine Menge gebracht.
Heimatverbundenheit: Warum Frankfurt für Laura Fünfstück immer eine Rolle spieltDas Team um sie herum funktioniert. Und auch privat stimmt es. Sie lebt in London zusammen mit ihrer englischen Ehepartnerin Rosie Davis im hippen Stadtteil Wandsworth. Die beiden haben sich vor etlichen Jahren auf der Ladies European Tour kennengelernt. „In diesem Jahr starten wir zum ersten Mal überhaupt in derselben Kategorie, sodass wir gemeinsam reisen können.“ Sie fühle sich wohl auf der Insel und spreche Englisch mittlerweile eher mit britischem statt mit amerikanischem Akzent.
Die LET-Tour führt durch alle Kontinente. Gelegentlich packt Laura das Heimweh. Sie liebe Frankfurt, weil es groß und klein zugleich sei, bekennt sie. Freundinnen, die sie besuchten, seien von Mainhattan angetan und wunderten sich über die niedrigen Preise – „auch beim Riesling auf der Terrasse der Kleinmarkthalle“. In den Kurzurlauben zu Hause, „meist viermal im Jahr“, spielt sie gern mit ihrem Vater eine Runde beim GC Neuhof. Damit es spannend bleibt, kriegt er einen Vorsprung. „Er wird dann ganz schön schwer, ihn zu schlagen. Er ist ein Zocker.“

Sie findet es schade, dass Golf in Deutschland noch immer nicht die Anerkennung gefunden hat, die es verdient. In Großbritannien und Nordamerika sei das Spiel viel populärer. „In Florida hat fast jeder schon mal einen Golfschläger in der Hand gehabt.“ Es gebe zwar in den angelsächsischen Ländern auch sehr traditionelle und elitäre Clubs nach dem Motto „no dogs and women allowed“. Doch das Interesse sei überall groß und Topspieler würden in den Medien gefeiert. „Bernhard Langer, der gerade seine Laufbahn beendet hat, ist in den USA ein Superstar.“
In Deutschland verändere sich jedoch im Golf vieles, beobachtet die sympathische Leistungssportlerin ohne Allüren. Die Clubs bemühten sich intensiv um neue Mitglieder. Es gebe Schnupperkurse, halbjährige Mitgliedschaften, Trainingsgruppen für Anfänger und Familienprogramme. Auf einer Driving Range in Oberhausen könne man mit Kind und Kegel anrücken und ein paar Stunden „Bälle kloppen“ ohne eigenes Equipment. Die Zahl der Golfer steige.
Die deutschen Profigolferinnen profitierten speziell von der sensationellen Silbermedaille, die Esther Henseleit im vorigen Jahr bei den Olympischen Spielen in Paris gewonnen hat. „Die Neugier auf das, was wir Damen auf der Tour machen, nimmt zu.“
Verbesserte Bedingungen auf der Ladies European TourDie Bedingungen für die Frauen haben sich zuletzt weltweit deutlich verbessert. Bei der European Ladies Tour liegt das Mindestpreisgeld bei 300.000 Euro. Das Geld wird unter die 60 besten Spielerinnen verteilt. „Früher waren es oft nur 90.000 Euro für 130 Starterinnen.“ Das sei zu wenig gewesen, kritisiert die Golferin. Noch heute werde es bei der LET erst ab Platz 40 finanziell interessanter. „Richtig Spaß macht es, wenn du unter den zehn Besten bist.“
Soziales Engagement für die Kinderhilfestiftung FrankfurtLaura Fünfstück weiß, dass ihr Leben im Golfzirkus trotzdem vergleichsweise privilegiert ist. Sie engagiert sich sozial und unterstützt seit dem vergangenen Jahr die Kinderhilfestiftung Frankfurt. In der Toursaison gibt sie für jeden Birdie (ein Schlag unter Par) zwei Euro. Dazu noch eine Spende für jeden erreichten Eagle (zwei unter Par). Das sei auch an schlechten Tagen ein Ansporn, wenigstens „ein paar Birdies für die Kids“ zu erzielen. Zusammen mit dem, was eine Gruppe von Spendern bereitgestellt hatte, kam 2024 eine beachtliche Summe zusammen (siehe Infokasten).
Technik, Training und ein Blick in die ZukunftAls Jugendliche hat sie übrigens zweimal einen Hole-in-one geschlagen – also mit dem Abschlag gleich ins Loch. Dann nie wieder. Beim ersten Mal passierte es auf Bahn 13 in Neuhof. „Ich habe den Ball nur dünn getroffen und mich schon abgewendet. Dass er direkt reinging, habe ich gar nicht bemerkt“, lacht sie. Das zweite Mal war ein Ereignis: Bei der Deutschen Jugendmeisterschaft 2012 in Castrop-Rauxel verhalf ihr der direkte Treffer am Ende zu Platz drei. „Das war meine erste Medaillenplatzierung auf nationaler Ebene.“

Nun ist es an der Zeit, dass sie uns ihren Homeground vorstellt. Sie sitzt am Steuer eines Golfcarts und präsentiert in bester Laune den gepflegten frühlingsgrünen 18-Loch-Parcours. Im Nachmittagslicht kommt das schöne Gelände neben dem früheren Hofgut der Grafen von Ysenburg voll zur Geltung.
An diesem Ort entdeckte sie ihre Leidenschaft für dieses ganz spezielle Spiel. Das Terrain des GC Neuhof – nur wenige Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt – erinnert an einen englischen Park. „Ich kann jeden verstehen, der in dieser Landschaft erstmal abschalten will.“ An der frischen Luft zu sein, nicht auf das Handy zu schauen und höchstens sich selbst zu challengen sei für manchen wie eine Frischzellenkur. Sie selbst habe sich allerdings von Anfang an am liebsten mit anderen gemessen. „Es gibt eben viele Möglichkeiten, hier glücklich zu sein.“
Gymnastik vor dem Abschlag„Putten ist keineswegs so leicht, wie es aussieht. Von 72 Schlägen pro Runde sind die Hälfte Putts.“ – Laura Fünfstück
Als sie uns auf dem Grün an Loch 18 das Einputten zeigen möchte, verfehlt der Ball beim ersten Mal sein Ziel um wenige Zentimeter. Sie lächelt leicht gequält. „Putten ist keineswegs so leicht, wie es aussieht“, kommentiert sie. Hier sicher zu sein, helfe enorm. „Von 72 Schlägen pro Runde sind die Hälfte Putts.“ Die Grundregel laute „Auge über den Ball, mittige Balance und Tempokontrolle.“
Dann wechseln wir zur Driving Range. Vorher macht Laura ein bisschen Gymnastik. „Man sollte vor dem ersten Abschlag die Muskulatur dehnen, damit man sich nicht zerrt.“ Dann trifft sie die Bälle so satt und schlägt so hoch und weit, dass das ungeübte Auge Mühe hat zu folgen. Sie erklärt, dass jede Umstellung der Schlagtechnik Auswirkungen auf das gesamte Spiel habe. „Es ist und bleibt kompliziert.“
Was sie später mal nach dem Golf machen will? Das wisse sie noch nicht, sagt sie. Vielleicht ein 9-to-5-Job. „Bis dahin ist ja noch Zeit.“ Der Gedanke, in einem festen und verlässlichen Rahmen zu arbeiten, sei ihr sympathisch.
Dann fällt ihr ein, wie viele nette und interessante Menschen sie schon durch das Golfen kennengelernt habe. „Das würde ich vermissen.“ Dass sie nach dem Ende ihrer Karriere als Hobbygolferin weitermache, könne sie sich im Moment nicht vorstellen. „Es ist kein gutes Gefühl, wenn man sich von seinem früheren Leistungsvermögen und den alten Ansprüchen weit entfernt.“

Der Verein Kinderhilfestiftung Frankfurt, der chronisch kranke, behinderte, misshandelte und benachteiligte Kinder unterstützt, freut sich über jeden Schlag unter Par von Laura Fünfstück. Seit dem vergangenen Jahr spendet die Langenerin zwei Euro für jeden Birdie und legt bei einem Eagle noch zusätzlich einiges mehr drauf. „Über meine Eltern kam der Kontakt zustande. Der Vorstandsvorsitzende Michael Henning ist ja selbst bei meinem Verein Neuhof als Golfer aktiv“, so die Profispielerin. Im Jahr 2024 kamen 222 Birdies und vier Eagles zusammen.
Die Idee war so gut, dass sich Mitglieder und Förderer der Kinderhilfestiftung anschlossen. Eine Gruppe stockte den Betrag um 75 Euro pro Birdie auf. Das summierte sich am Ende auf 17.760 Euro für das Jahr 2024. Der Golf-Club Neuhof und die Kinderhilfestiftung luden die Spender im Frühjahr zu einer Golfrunde mit der Langenerin ein, die mittlerweile in London lebt. „Das war total nett mit ihnen“, erzählt die auf der Ladies European Tour gut ins neue Jahr gestartete Spitzensportlerin.
Laura Fünfstück möchte mit der Aktion vor allem das Leuchtturmprojekt der Psychologischen Soforthilfe voranbringen. In Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Frankfurt ist eine wichtige Einrichtung entstanden, die akute Fälle betreut. „Was die Stiftung leistet, finde ich großartig“, sagt sie. Die Stiftung stärkt zudem Kinderkrankenhäuser, Schulen und Kitas bei ihrer Arbeit. Ein anderer Teil der Hilfe kommt Familien mit betroffenen Kindern zugute.
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