Neue Allianz will alkoholbedingte Schäden in Europa und Zentralasien reduzieren

Alkohol ist einer der Hauptrisikofaktoren für Behinderungen und spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von mehr als 200 chronischen Krankheiten. Es trägt auch zu Verletzungen, psychischen Störungen, Kriminalität und anderen sozialen Problemen bei.
Zur Bekämpfung alkoholbedingter Erkrankungen, Verletzungen und Todesfälle wurde auf dem Kongress der European Association for the Study of the Liver in Amsterdam die European Health Alliance on Alcohol ins Leben gerufen. Zu ihm gehören Organisationen und Experten im Gesundheitswesen, deren Ziel es ist, wissenschaftlich fundierte Entscheidungen zu fördern, die Öffentlichkeit zu informieren und wirksame Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit umzusetzen.
Unbemerkte FolgenBesonderes Augenmerk legt das Bündnis auf die Folgen des Alkoholkonsums , die oft im Verborgenen bleiben.
„Alkohol wird mit mehr als 200 Krankheiten in Verbindung gebracht, von Leberzirrhose bis hin zu Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, bemerkt Alexander Krag, Leiter der European Association for the Study of the Liver. – Die Bedrohung, die davon ausgeht, wird jedoch oft vergessen. Somit ist Alkohol die häufigste Todesursache durch Lebererkrankungen in Europa. Darüber hinaus sind jedes Jahr über 70.000 Krebstote auf diese Krankheit zurückzuführen. Ziel dieser Allianz ist es, den Menschen verlässliche Fakten zu liefern und ihnen zu helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen.“
Experten zufolge besteht nicht nur bei Alkoholikern das Risiko, an Krebs zu erkranken. Es gibt keine sichere Menge an Alkohol, aber das ist nicht jedem bewusst. Daher ist vielen Frauen nicht bewusst, dass Alkohol einer der Hauptrisikofaktoren für Brustkrebs ist.
Ziel der Allianz ist es, weniger offensichtliche Zusammenhänge aufzuzeigen – etwa zwischen Alkohol und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Suizid, fetalen Entwicklungsstörungen sowie Schlaf- und psychischen Gesundheitsproblemen.
Schutz von Kindern und JugendlichenEin Schwerpunkt des Bündnisses ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Auswirkungen von Alkohol. Die Verletzlichkeit beginnt im Mutterleib und setzt sich durch familiäre Gewalt, Vernachlässigung und frühen Alkoholkonsum in der Kindheit und Jugend fort. In der Europäischen Region ist jeder vierte Todesfall in der Altersgruppe der 19- bis 24-Jährigen auf Alkohol zurückzuführen.
Trotzdem sind Kinder und Jugendliche weiterhin aggressiver Werbung ausgesetzt, auch aufgrund unzureichender Regulierung in diesem Bereich. Experten sind der Ansicht, dass der Schutz von Kindern unter anderem einen völligen Verzicht auf Alkohol während der Schwangerschaft, eine Reduzierung des Alkoholkonsums in der Gesellschaft insgesamt, eine strengere Regulierung der Werbung und eine Überarbeitung gesellschaftlicher Normen umfassen sollte.
Schäden durch Alkohol seien nicht unvermeidlich und sollten nicht als persönliches Versagen empfunden werden, betont Frank Murray, Sprecher der European Association for the Study of the Liver. Dies sei eine tragische Folge des Mangels an effektiven, evidenzbasierten Maßnahmen und des übermäßigen Einflusses der Alkoholindustrie auf die öffentliche Gesundheit.
Konkrete Maßnahmen – greifbare ErgebnisseDie Allianz beabsichtigt, die Beteiligung der medizinischen Gemeinschaft an der Gestaltung der Alkoholpolitik auf allen Ebenen zu stärken. Obwohl Maßnahmen zur Reduzierung alkoholbedingter Schäden seit langem bekannt sind, werden sie in der Praxis nur unzureichend umgesetzt. Zu solchen Maßnahmen zählen Steuererhöhungen, Werbebeschränkungen und eine geringere Verfügbarkeit von Alkohol.
Die Erfahrungen Litauens zeigen, dass entschlossene politische Maßnahmen rasche und greifbare Ergebnisse bringen können: In den Jahren 2016–2019 führte das Land eine Reihe von Beschränkungen ein, die zu einer deutlichen Reduzierung des Alkoholkonsums führten, wodurch Tausende von Menschenleben gerettet und die Zahl der Krankheiten verringert wurde.
„Laut einer neuen WHO-Studie können Maßnahmen wie die Erhöhung der Verbrauchsteuern und die Einschränkung der Vermarktung in weniger als einem Jahr zu Ergebnissen führen“, sagt Gauden Galea, Experte beim Europäischen Büro der WHO für nichtübertragbare Krankheiten und Innovation. „Das heißt, sie sind innerhalb einer Legislaturperiode durchaus umsetzbar.“
Die Rolle des GesundheitspersonalsDa Ärzte, Pflegekräfte und andere Fachkräfte die Auswirkungen von Alkoholmissbrauch oft als Erste bemerken, plädiert die Allianz dafür, ihnen eine stärkere Rolle bei der Prävention zuzusprechen. Hierzu gehören das Screening auf gefährliche Konsummengen und die Bereitstellung einer Kurzberatung im Rahmen von Arztterminen. Experten zufolge sollte die Diskussion über das Thema Alkohol im Gesundheitswesen zur Normalität werden.
„Als Allgemeinmedizinerin sehe ich jeden Tag, welchen Schaden Alkohol bei einzelnen Menschen, ihren Familien und ganzen Gemeinschaften anrichtet“, sagt Margarida Santos aus Portugal. – Wir, die im Gesundheitswesen Beschäftigten, haben die Verantwortung, mit den Patienten darüber zu sprechen und schädliche Mythen zu zerstören. Doch medizinische Maßnahmen allein reichen nicht aus – wir brauchen wirksame Strategien der Regierung und einen Wandel im öffentlichen Bewusstsein.“
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