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Friend-xiety: Hast du auch manchmal Angst, deine Freundinnen zu verlieren?

Friend-xiety: Hast du auch manchmal Angst, deine Freundinnen zu verlieren?
3 Min.

Nicht nur in romantischen Beziehungen, sondern auch in Freundschaften können Trennungsängste und Unsicherheiten eine Rolle spielen. Wie die sogenannte Friend-xiety uns in die Quere kommt – und wie wir gesund mit ihr umgehen können.

Ich gebe es zu: Ich leide hin und wieder an Friend-xiety. Wenn meine Freundinnen längere Zeit nicht auf meine Nachrichten antworten und plötzlich keine Emojis mehr verwenden, werde ich nervös – zumindest manchmal und bei bestimmten Personen. Auch wenn ich rational weiß, dass es keinen Grund zur Sorge gibt, weil meine Freundin bestimmt gerade nur gestresst ist und anderes im Kopf hat. Aber mit rationalem Denken haben Ängste ja leider meistens wenig zu tun.

Psychologin erklärt: Das steckt hinter Friend-xiety

"Friend-xiety, kurz für Friendship Anxiety, beschreibt die ständige Sorge, in einer Freundschaft etwas falsch zu machen oder nicht mehr gemocht zu werden", erklärt Prof. Dr. med. Petra Beschoner, Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und Ärztliche Leiterin der Akutklinik Bad Saulgau. "Oft drehen sich die Gedanken um vermeintliche Fehler oder um Situationen, in denen sich eine Reaktion anders anfühlte als erwartet: Warum kommt keine Antwort? Wieso wirkt die Stimmung plötzlich anders? Habe ich mich danebenbenommen?"

Im Grunde ist es auch gar nicht so abwegig, dass wir nicht nur in romantischen Beziehungen an solchen Ängsten leiden, sondern auch in unseren Freundschaften. Denn die sind ziemlich wichtig für unser Wohlbefinden. Die meisten Freund:innen begleiten uns im Schnitt länger als Partner:innen, sie bieten uns Halt in schwierigen Phasen. Das bestätigt auch die Expertin: "Freundschaften sind für viele Menschen emotionale Anker", so Prof. Beschoner. "Besonders dann, wenn familiäre Beziehungen belastet oder romantische Partnerschaften instabil sind."

Selbstabwertende Gedanken und Generalisierungen

Dass wir diese wichtigen Menschen in unserem Leben nicht verlieren wollen, ist also nur natürlich. Aber wenn die Ängste, die Friend-xiety, unsere Freundschaft und letztlich unser gesamtes Leben negativ beeinflussen, wird es problematisch. "Typisch sind übersteigerte, selbstabwertende Gedanken wie zum Beispiel: 'Ich habe mal wieder zu viel von mir erzählt' oder 'Ich war bestimmt zu direkt – jetzt ist alles kaputt'", führt die Psychotherapeutin aus. "Oft wird aus einer kleinen Irritation vorschnell auf die gesamte Beziehung geschlossen."

Im Gegensatz zur sozialen Angst, bei der bereits der Kontakt mit Menschen an sich belastend sein kann, betreffe Friend-xiety vor allem vertraute Beziehungen. "Es ist nicht die Nähe, die Angst macht – sondern die Vorstellung, diese Nähe zu verlieren." Besonders stark zeige sich das in langjährigen oder sehr intensiven Freundschaften, bei denen viel emotionale Bedeutung mitschwingt.

© Brigitte

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Befeuert wird eine solche Angst häufig von Social Media. "Soziale Medien sind oft ein Nährboden für Friend-xiety", meint Prof. Beschoner dazu. "Eine Story wird gesehen, aber nicht kommentiert. Eine Nachricht bleibt unbeantwortet, obwohl der Online-Status aktiv ist. Andere Freundinnen und Freunde tauchen plötzlich ständig in Fotos auf – und das eigene Gefühl sagt: Ich bin außen vor."

Woher kommt die Unsicherheit in engen Freundschaften?

Aber wie kommt es, dass wir übermäßige Ängste in den Beziehungen zu unseren Freund:innen entwickeln? Laut Prof. Beschoner stecken hier – ebenso wie bei Themen in unseren romantischen Partnerschaften – häufig Kindheitserfahrungen dahinter: "Psychologisch betrachtet spielt die persönliche Beziehungserfahrung eine große Rolle", erläutert sie. "Unsichere Bindungsmuster, die sich in der Kindheit oder Jugend entwickelt haben, wirken oft bis ins Erwachsenenalter hinein. Wenn Nähe damals nicht verlässlich war – weil Eltern überfordert, wechselhaft oder distanziert waren –, bleibt oft ein Grundgefühl von Unsicherheit, Vorsicht und Zweifel."

Aber auch ein geringes Selbstwertgefühl könne Friend-xiety verstärken. "Wer insgeheim glaubt, nicht genug zu sein, zweifelt ständig an der eigenen Rolle in einer Freundschaft." Besonders empathische, harmoniebedürftige oder introvertierte Menschen seien anfälliger – einfach, weil sie vieles intensiver wahrnehmen und sich häufig selbst infrage stellen.

Nicht zu unterschätzen sei auch der Einfluss von negativen Freundschaftserfahrungen, so die Expertin weiter: "Wer einmal ausgegrenzt, hintergangen oder ersetzt wurde, trägt diese Erfahrung wie einen inneren Warnmechanismus in sich – auch wenn die aktuelle Freundschaft eigentlich stabil ist."

Was du tun kannst, wenn du an Friend-xiety leidest

Es gibt also verschiedene Themen und Muster, die eine Rolle dabei spielen können, dass wir uns in Freundschaften unsicher fühlen und unter Ängsten leiden. Aber wie können wir gut damit umgehen? Was können wir tun, wenn wir ein solches Gefühl erleben? Petra Beschoner empfiehlt Achtsamkeit und Selbstmitgefühl: "Der erste Schritt ist, die eigenen Gedanken zu beobachten: Was löst die Angst aus? Gibt es dafür wirklich Hinweise, oder interpretiere ich gerade nur sehr viel hinein?"

Wir können laut der Therapeutin außerdem üben, auch mal nicht zu reagieren, wenn wir ein solches Unsicherheitsgefühl verspüren. "Wer mit sich selbst sicherer wird, braucht weniger Bestätigung von außen – und das tut auch Freundschaften gut."

Offen mit unseren Ängsten umgehen

Auch ein ehrliches Gespräch mit der betreffenden Person kann helfen. "Echte Freundschaften halten Offenheit aus – und wachsen sogar daran", erklärt die Therapeutin. "Zu sagen 'Ich habe manchmal Angst, dir zu viel zu sein', ist mutig. Aber oft macht genau das die Verbindung tiefer."

Ob ich mich tatsächlich trauen werde, meine Unsicherheit bei meinen Freundinnen anzusprechen, weiß ich noch nicht. Aber die Bestätigung, dass ich mit diesen Gefühlen und Ängsten nicht alleine bin, hilft schon mal. Und mich in Achtsamkeit und Selbstmitgefühl im Umgang mit belastenden Gedanken und Emotionen zu üben, kann schließlich in allen Lebenslagen helfen, nicht nur in Freundschaften.

Grundsätzlich gilt natürlich wie bei allen Themen rund um unsere mentale Gesundheit: Wenn wir das Gefühl haben, alleine nicht weiterzukommen, und sehr stark unter unseren Ängsten leiden, kann es sinnvoll sein, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zögere also nicht, deine Ärztin oder deinen Therapeuten anzusprechen, damit ihr gemeinsam nach Lösungen suchen könnt.

Brigitte

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brigitte

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