Elevator Boys im Interview: TikTok-Stars über Ängste, Fehler und Musik-Karriere

Die Elevator Boys, das sind die Deutschen Jacob Rott, Bene Schulz, Tim Schäcker, Julien Brown und Luis Freitag. 2021 wurden sie mit Tik-Tok-Clips und anzüglichen Blicken weltbekannt. Seit zwei Jahren nun versuchen sie sich auch als Musiker. Zuletzt erschien am 28. Juli ihre neue Single „California“.
Die Elevator Boys sind durch kurze Videos von sich im Fahrstuhl auf TikTok bekannt geworden. Nun machen Sie Musik als Boyband. Warum?
Jacob: Wenn wir Musik machen, können wir viel direkter von unseren Ängsten und Träumen erzählen, mit denen sich Leute identifizieren können. So geben wir auf einer emotionaleren Ebene viel mehr von uns preis als in so kurzen Videos.
Bene: TikTok ist meistens trendbasiert und kurzlebig, an unserer Musik arbeiten wir viel länger. Außerdem können wir beim Musikalischen mehr Hirnschmalz einfließen lassen.
Was sind das für Ängste, die Sie beschäftigen?
Jacob: Höhe.
Tim: Angst davor, irgendwann nicht mehr angesagt zu sein und dass sich niemand mehr für einen interessiert. Auch soziale Ängste – eben das, was man mit Mitte zwanzig so mit sich herumschleppt.
Bene: In unseren Studio-Sessions haben wir auch viel über unsere Beziehungen gesprochen, vor allem über die toxischen.
Julien: In unserer Musik geht es aber natürlich auch um die schönen Dinge und unsere Dankbarkeit für das, was wir erleben dürfen.
Erstaunlich viele Creatoren und Creatorinnen wechseln von Social Media zur Musik. Oft wird unterstellt, dass dieser Wandel rein strategisch ist, um den flüchtigen Social-Media-Hype in etwas Langlebigeres zu verwandeln.
Tim: Als wir mit der Musik angefangen haben, dachten wir gar nicht daran, dass das mal ein zweites Standbein werden könnte. Wir wurden oft mit einer Boyband verglichen, die nicht singt. Dann dachten wir uns: Warum eigentlich nicht? Als wir es dann ausprobiert haben, hat es so viel Spaß gemacht, dass wir einfach weitergemacht haben.

Elevator Boys
Quelle: Johannes Kapol
Heutzutage fordert die Musikindustrie fast schon, dass man auch in den sozialen Medien aktiv ist. Haben Sie es leichter, weil Sie den umgekehrten Weg gehen?
Luis: Ich glaube nicht. Man kann die Follower nicht alle automatisch herüberziehen zur Musik. Wir werden von Anfang an viel kritischer bewertet als vielleicht ein Newcomer, dem man eher noch Fehler verzeiht. Wir wurden direkt mit Profis verglichen. Wir hatten anfangs kaum Raum, um eigene Skills zu entwickeln, weil die Öffentlichkeit uns direkt als gut oder schlecht bewertet. Natürlich hatten wir die Chance, unseren ersten Auftritt größer zu gestalten, aber genau deshalb war der Spielraum für Fehler viel kleiner. Es ist ein bisschen so wie das Erlenern eines Instruments. Nur dass wir es nicht zuhause für uns lernen, sondern direkt auf der großen Bühne.
Wenn wir schon bei Fehlern sind, welche Fehltritte fallen Ihnen noch ein?
Bene: Als wir am Anfang versucht haben zu tanzen. Bitte nicht danach suchen.
Jacob: Im Nachhinein hätten wir unseren zweiten Auftritt nicht direkt auf einem Festival spielen sollen. Da waren viele Leute, die nicht nur unseretwegen gekommen sind – das hat man auch an der Stimmung gemerkt. Es war eine Riesenchance, aber vielleicht etwas zu früh zum damaligen Zeitpunkt.
Was aus Ihrer Anfangszeit sehen Sie heute noch kritisch?
Bene: Klar, über manche Videos lachen wir heute selbst. Zum Beispiel: „POV, du bist ein Stalljunge“ – das war dann doch einer zu viel. Oder unsere Outfits auf unserer ersten Fashion Week.
Tim: Wir sahen aus wie zusammengewürfelt.
Luis: Aber auch einzeln war das kriminell. Wir sahen aus wie Textmarker.
Was hat sich im Vergleich zu früher bei Ihnen im Umgang miteinander am meisten verändert?
Luis: Früher haben wir unterschätzt, was wir bei den anderen mit unseren Scherzen auslösen können. Wir haben uns oft aus Spaß aufs Korn genommen. Mittlerweile wissen wir, welche Themen bei wem sensibel sind. Deshalb verstehen wir uns heute besser denn je.
Welche Themen sind das?
Jacob: Luis‘ britischer Akzent. Den habe ich einmal in einem Interview nachgemacht, das mache ich jetzt nicht mehr. Er lässt den ja nicht mit Absicht heraushängen.
Tim: Für unsere mentale Gesundheit als Gruppe war es auch wichtig, nicht mehr zusammenzuwohnen. Wir sehen uns trotzdem fast jeden Tag, aber jeder hat jetzt seinen eigenen Safe Space. Wir sind Freunde und Business-Partner, aber irgendwann drehte sich alles nur noch um Arbeit.
Was würden Sie an der Social-Media-Branche gerne verändern?
Jacob: Mehr Verständnis für das, was wir tagtäglich machen. Hinter einem 15-Sekunden-TikTok steckt oft stundenlange Arbeit: Ideen finden, Styling, und dann drehen wir vielleicht 40 Takes.
Tim: Interviews, Shootings, Reisen – das ist alles cool, aber auch anstrengend. Das sieht man nur nicht im fertigen Clip. Wir müssen extrem viel socializen, weil wir ständig neue Leute kennenlernen.
Bene: Genau, und gerade in der Social-Media-Welt gibt es viele oberflächliche Menschen. Von solchen Leuten halten wir aber bewusst Abstand.
Zum Thema Oberflächlichkeit: Ihr Content basierte vor allem zu Beginn stark auf Ihrem äußeren Erscheinungsbild. Wie gehen Sie mit dem Druck um, dass Ihr Erfolg zu einem gewissen Teil daran geknüpft ist?
Jacob: Ja, wir werden halt alt (alle lachen).
Julien: Natürlich spielt Optik auf Social-Media-Plattformen eine Rolle. Bei uns wirkt da aber auch der Cheerleader Effekt, das heißt, wenn einer mal mehr verschlafen aussieht, können die anderen das ausgleichen. (Anm. D. Red: Der Cheerleader-Effekt beschreibt, dass Menschen in Gruppen attraktiver wirken als allein.) Wir machen uns keinen Druck, dass wir nicht mehr relevant sind, wenn wir nicht mehr so gut aussehen.
Luis: Eben, wir sind alle kreativ und haben auch eine gewisse Bildung genossen und erweitern durchgehend in verschiedenen Bereichen unsere Expertisen. Das heißt, wir verlassen uns nicht nur auf „hübsch grinsen und damit ist es getan“, sondern haben uns auch andere Standbeine aufgebaut.
Jacob: Wir sehen uns jetzt auch nicht als das Nonplusultra an, was das Aussehen angeht. Es geht vielmehr darum, die Leute zu unterhalten und ihnen ein gutes Gefühl zu geben. Unsere Kreativität bleibt, auch wenn wir irgendwann graue Haare haben.
rnd