Goldman Sachs setzt massiv auf KI

Goldman Sachs hat gerade seinen generativen KI-Assistenten im gesamten Unternehmen eingeführt und ihn allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Die Bank bezeichnet dies als einen wichtigen Meilenstein ihrer Technologiestrategie.
Dieser Schritt folgt auf über ein Jahr interner Entwicklungs- und Testphase, an der über 10.000 Mitarbeiter das Tool testeten. Der GS AI Assistant ist eine dialogorientierte KI-Schnittstelle, die Mitarbeitern die sichere Interaktion mit großen Sprachmodellen wie GPT und Gemini ermöglicht und durch die Firewall von Goldman Sachs‘ eigenem sicheren Compliance-Framework geschützt ist.
„Wir entwickeln seit einigen Jahren Anwendungen und Infrastrukturen für KI und maschinelles Lernen, darunter mehrere generative KI-gestützte Tools, die unsere Arbeitsweise verändert haben“, sagte Chief Information Officer Marco Argenti in einem Memo, das Gizmodo vorliegt.
Zu diesen Tools gehören ein Entwickler-Copilot für die Programmierung, ein Übersetzungstool für interne Teams und ein neuer „Banker Copilot“, der die Arbeitsabläufe von Investmentbankern optimieren soll. Der GS AI Assistant ist das erste generative KI-System, das unternehmensweit eingeführt wird. Offiziell soll er Mitarbeiter bei Aufgaben wie der Zusammenfassung komplexer Dokumente, der Erstellung von Inhalten und der Datenanalyse unterstützen – Arbeiten, die Stunden menschlicher Arbeitszeit in Anspruch nehmen können.
Bei der Initiative gehe es nicht darum, Arbeitsplätze zu ersetzen, sondern die Arbeitsweise der Mitarbeiter zu verbessern, sagte eine mit der Einführung vertraute Person gegenüber Gizmodo. Goldman Sachs, so die Quelle, hoffe, dass das Tool seinen Mitarbeitern ermöglichen werde, die Effizienz zu steigern.
Doch dieser Schritt ist Teil eines stillen Wettrüstens an der Wall Street, wo Firmen wie Citi, Bank of America und Morgan Stanley ebenfalls KI-Chatbots einsetzen, um die mühsame Büroarbeit zu automatisieren, die jahrzehntelang Heerscharen von Nachwuchsbankern beschäftigt hat.
Experten zufolge verändert KI diese Banken bereits. Anstatt beispielsweise Heerscharen von Analysten einzusetzen, die Rechtsdokumente manuell prüfen, nutzen einige an der Wall Street KI, um wichtige Vertragsklauseln zu identifizieren und Punkte zu kennzeichnen, die menschliche Aufmerksamkeit erfordern.
Einige Banken haben sogar KI für die Bearbeitung von Margin Calls entwickelt. „Wenn ein Kunde auf eine Margin Call-E-Mail mit ‚Ja‘, ‚Nein‘ oder einer vagen Frage antwortet, analysiert die KI die frei formulierte Antwort und entscheidet, was zu tun ist“, erklärte ein Banker einer großen Investmentbank gegenüber Gizmodo. Ist die KI zuversichtlich genug, bucht das System den Anruf automatisch. Kein menschlicher Eingriff erforderlich.
Sogar Managementaufgaben werden automatisiert. Der Banker sagte, sein Unternehmen nutze KI, um Manager bei der Erstellung von Mitarbeiterbeurteilungen und Zielen zu unterstützen. Das spare Zeit und sorge für eine bessere Dokumentation.
Offiziell heißt es zwar, KI setze Mitarbeiter für „höherwertige Aufgaben“ frei, doch in der Praxis reduziert sich der Bedarf an menschlicher Arbeitskraft. Der Banker bestätigte, dass das Betriebsteam 30 Neueinstellungen vermeiden konnte, da das KI-System nun 85 % aller Kundenreaktionen auf Nachschussforderungen verarbeitet.
Bei Goldman Sachs begann der KI-Einsatz im vergangenen Jahr mit einem Entwickler-Copiloten, der mittlerweile von über 12.000 Ingenieuren genutzt wird und zu erheblichen Produktivitätssteigerungen führt. Nach diesem Erfolg begann das Unternehmen mit der Erweiterung des GS AI Assistant. Das überwältigend positive interne Feedback führte zur unternehmensweiten Einführung in dieser Woche.
„Unsere Mitarbeiter im gesamten Unternehmen integrieren bereits generative KI in ihre Arbeitsabläufe, steigern die Produktivität unserer Teams und verschaffen unseren Kunden Vorteile“, schrieb Argenti in dem internen Memo.
Obwohl die Nutzung des Assistenten optional ist, ist die Botschaft klar: Jeder ist eingeladen, ihn auszuprobieren. Für die Technologiebranche ist Goldman Sachs‘ Schritt eine wichtige Bestätigung und verleiht der Rolle generativer KI im Finanzdienstleistungssektor Legitimität. Er spiegelt auch einen breiteren Trend wider: Da KI in Software wie Microsoft Teams und Outlook integriert ist, nutzen Mitarbeiter sie nun standardmäßig.
Natürlich geht diese Produktivitätsrevolution mit menschlichen Kosten einher. Wenn ein KI-Tool 30 Backoffice-Mitarbeiter in einer Bank ersetzt, was passiert dann, wenn die gesamte Branche diesen Aufwand ausweitet?
gizmodo