Proteinanalyse in alten Ernährungskulturen

Ekin Aktaş - @anthroalaska
Bei Esskulturen in der Archäologie geht es nicht nur um Ernährung; Es ist auch von entscheidender Bedeutung für das Verständnis sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Zusammenhänge. Das Konzept der „Foodways“ umfasst die Gesamtheit der Wahrnehmung, Beschaffung, Verarbeitung und des Konsums von Lebensmitteln in einer Gesellschaft sowie der dabei auftretenden Ernährungsmuster. In diesem Zusammenhang haben sich metaproteomische Ansätze auf der Grundlage von Proteinanalysen insbesondere in den letzten Jahren rasant entwickelt und beginnen, einzigartige Informationen über alte Esskulturen zu liefern. Proteine sind in diesem Bereich zu einer wichtigen Ressource geworden, da sie eine eindeutige Identifizierung sowohl auf Gewebe- als auch auf Artenbasis ermöglichen und über die Zeit gut konserviert werden.
Zu den Methoden, die zum Verständnis der Ernährungs- und Esskulturen der Antike verwendet werden, zählen Isotopenanalysen, schriftliche Quellen, archäobotanische und zooarchäologische Analysen sowie Analysen organischer Rückstände. Die meisten dieser Methoden sind jedoch begrenzt oder allgemein. Beispielsweise können Isotope nur Aufschluss über den langfristigen Proteinverbrauch geben. Andererseits ermöglichen proteomische Analysen die Gewinnung spezifischer Informationen, etwa darüber, welches Gewebe von welchem Tier verwendet wurde.
Anhand der Aminosäuresequenzen von Proteinen lässt sich erkennen, zu welchem Organismus sie gehören. Beispielsweise hilft das Protein β-Lactoglobulin (βLG), das nur in Schaf- oder Kuhmilch vorkommt, sowohl bei der Identifizierung der Tierart als auch bei der Feststellung, ob es sich bei dem Produkt um Milch oder Käse handelt.
ERHALTUNG IN ARCHÄOLOGISCHEN AUFZEICHNUNGENProteine können über Jahrtausende konserviert werden, insbesondere in Verbindung mit Mineralien (z. B. kalziumhaltigen Rückständen oder Keramikoberflächen). Dies macht sie zu besonders langlebigen Biomolekülen.
Proteinanalysen können bei gemischten Materialien genauere Ergebnisse liefern als Lipidanalysen. Obwohl Milch-, Getreide- und Fleischproteine im selben Behälter nachgewiesen werden können, sind diese Mischungen bei Lipidanalysen normalerweise nicht zu unterscheiden.
Frühe Studien konzentrierten sich auf den Nachweis von Proteinen wie Hämoglobin in Blutrückständen auf Steinwerkzeugen. Allerdings ist die Zuverlässigkeit dieser Studien aufgrund methodischer Probleme, Verunreinigungen und falsch-positiver Ergebnisse eingeschränkt.
KERAMIK UND IHRE RESTEIm späten 20. Jahrhundert begann man, Aminosäureanalysen an organischen Rückständen in Keramik durchzuführen. Es ist jedoch nicht vollständig geklärt, wie diese Analysen durch taphonomische Effekte (Abbauprozesse) beeinflusst werden.
Antikörper wurden zum Nachweis spezifischer Proteine verwendet. Diese Methoden sind zwar empfindlich, unterliegen jedoch Einschränkungen, da sie nur auf bestimmte Zielproteine ausgerichtet sind und häufig auf Tierversuchen beruhen.
Mit modernen Methoden, beispielsweise LC-MS/MS (Flüssigkeitschromatographie – Tandem-Massenspektrometrie), können sogar gemischte Proteinrückstände identifiziert werden. Diese Methode ermöglicht den kombinierten Nachweis verschiedener Proteintypen in derselben Probe.
Die ersten Studien wiesen Robbenfleischproteine in einem Topf aus Alaska nach. Allerdings sind derartige Analysen aufgrund der starken Bindung der Proteine in der Keramik an das Material schwierig. Mit geeigneten Methoden (z. B. calciumlöslichen Lösungsmitteln) können diese Proteine jedoch erfolgreich entfernt werden.
Es wurde festgestellt, dass die Proteinkonservierung in Rückständen wie Kalkschichten oder verkohlten Speiseresten auf der Innenseite von Töpfen besser ist. Analysen in Çatalhöyük haben beispielsweise ergeben, dass solche Überreste Milch-, Getreide- und Fleischproteine enthalten.
Zahnstein kann Spuren von Nahrungsmitteln enthalten, die die betroffene Person direkt zu sich genommen hat. In diesem Material konnten neben Milch auch pflanzliche Proteine wie Getreide und Gemüse nachgewiesen werden.
In anoxischen, trockenen oder gefrorenen Umgebungen (z. B. dem Xiaohe-Friedhof oder den Hallstatt-Minen in China) bleiben Essensreste sehr gut erhalten. Auf diese Weise konnten Daten zu speziellen Verarbeitungsverfahren von Lebensmitteln wie Käse, Bier, Fischrogen und Brot gewonnen werden.
Nicht bestandene oder negative Ergebnisse werden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Solche Daten helfen uns jedoch zu verstehen, unter welchen Bedingungen Proteine nicht konserviert werden.
Um Proteine zu extrahieren, ohne sie zu beschädigen, sind empfindlichere und nicht-invasive Methoden erforderlich. Darüber hinaus werden neue Protokolle entwickelt, die mit sehr kleinen Mengen arbeiten.
Meistens bleiben fast 90 % der vorhandenen Daten unidentifiziert, weil sie nicht richtig analysiert werden.
Es besteht ein großes Risiko, dass moderne Proteine oder Laborkontaminanten versehentlich mit antiken Überresten vermischt werden. Um dies zu verhindern, müssen Reinigungsverfahren und Negativkontrollen verwendet werden.
FALSCH-POSITIVE EREIGNISSE UND DATENBANKVERZERRUNGENEs besteht ein hohes Risiko, dass die resultierenden Peptide falsche taxonomische Übereinstimmungen ergeben. Daher sollte die Genauigkeit der Daten im Zusammenhang mit dem biologischen Kontext und nicht nur anhand der Datenbankübereinstimmung interpretiert werden.
Aus Gründen der Reproduzierbarkeit von Studien und des wissenschaftlichen Fortschritts wird empfohlen, alle Rohdaten (Peptidlisten, Negativkontrollen) offen zu teilen.
MULTIMETHODENANSÄTZE (MULTIOMICS)Die Verwendung von Proteomanalysen zusammen mit anderen Methoden wie Lipidanalysen, Isotopen und Archäobotanik liefert robustere und umfassendere Ergebnisse.
Proteinbasierte Ansätze zur Erforschung alter Esskulturen bieten eine einzigartige Gelegenheit, nicht nur zu verstehen, was vergangene Gesellschaften aßen, sondern auch, wie sie aßen, wie sie es zubereiteten und welche Rolle das Essen in ihrem Sozialleben spielte. Studien auf diesem Gebiet werden uns, wenn sie durch Kontaminationskontrolle, methodische Transparenz und multidisziplinäre Zusammenarbeit unterstützt werden, helfen, nicht nur die Vergangenheit, sondern auch das kulturelle Erbe von heute besser zu verstehen.
BirGün