Der Ursprung einer 6.000 Jahre alten Erfindung erwies sich als anders als bekannt

3900 v. Chr. ebneten die Strapazen der Arbeiter in einer Kupfermine in Südosteuropa möglicherweise den Weg für die Entwicklung des Rades. Eines Tages erregte einer der Bergleute, der den ganzen Tag schweres Erz durch die engen, heißen Stollen der Mine transportierte, Aufsehen, als es ihm mit einem ungewöhnlichen Mechanismus gelang, die dreifache Last auf einmal zu tragen. Dieser Moment könnte der Beginn eines großen Wandels nicht nur im Bergbau, sondern in der gesamten Menschheitsgeschichte gewesen sein.
Kohlenstoffdatierungsdaten deuten darauf hin, dass diese Transportmechanismen die frühesten bekannten Beispiele für Radtransporte sein könnten. Diese Beobachtung wird durch eine neue Hypothese des Teams von Kai James, Professor für Luft- und Raumfahrttechnik am Georgia Institute of Technology, gestützt.
Obwohl man lange Zeit davon ausging, dass sich das Rad aus Holzzylindern entwickelte, war unklar, wie dieser Übergang erfolgte. Ab den 1960er Jahren begannen einige Forscher, die Theorie des Übergangs vom Zylinder zum Rad in Frage zu stellen. Da Zylinder auf flachem, hartem und ebenem Boden effektiv waren, schränkte ihr Einsatzgebiet stark ein. Die künstliche und geschlossene Umgebung einer Mine bot jedoch einen idealen Untergrund, auf dem diese Zylinder ihre Funktion besser erfüllen konnten.
Kai James und sein Team glauben, dass diese Umgebung eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Zylinder zu Rädern gespielt haben könnte. Das Team modellierte die Entwicklung des Rades in einer Computerumgebung nach physikalischen Gesetzen und technischen Prinzipien. Ziel war es, einen Evolutionsprozess zu demonstrieren, der die Struktur der Zylinder durch Ausnutzung des Prinzips des „mechanischen Vorteils“ optimierte.
In Simulationen wurden Hunderte von Zylinderformen verglichen, um das hinsichtlich Tragfähigkeit und Haltbarkeit effizienteste Design zu ermitteln. Schließlich entschied der Algorithmus, dass die heutige Rad- und Wellenform die ideale Struktur darstellt. Jedes neue Design war etwas besser als das vorherige. James vermutet, dass derselbe Prozess vor Tausenden von Jahren in Minen stattgefunden haben könnte.
Der erste Schritt dieser Entwicklung war die Anbringung halbrunder Schlitze an den Schlitten, unter denen die Rollen platziert wurden. Dadurch bewegten sich die Rollen mit dem Schlitten und mussten nicht wie bei der alten Methode vorwärts bewegt werden. Mit der Zeit nutzten sich die Kontaktpunkte der Rollen ab oder wurden für einen leichteren Durchgang ausgedünnt. So entstanden dünne Stäbe mit breiten Scheiben an den Enden – die ersten Räder.
Dieser Theorie zufolge wurde das Rad nicht auf einmal erfunden. Im Gegenteil, es entwickelte sich in kleinen, aber effektiven Schritten, genau wie die Evolution des Lebens in der Natur. Interessanterweise spiegeln auch die im 19. Jahrhundert erfundenen Kugellager diese Entwicklung wider. Die Kugeln basieren auf dem gleichen Prinzip wie die Vorgänger des Rades, die Rollen, und so schließt sich symbolisch der Kreis der Radentwicklung.
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