Jane Wade erfindet die Bürosirene neu
Die meistgestellte Frage an Jane Wade: Warum ist Arbeit ihre Hauptinspiration, obwohl diese beiden Wörter für die meisten nicht im selben Satz vorkommen? „Für mich geht es eigentlich darum, die Kategorien von Arbeitskleidung zu studieren“, sagt Wade bei einem Besuch in ihrem Studio und Showroom in Brooklyn, wo ein raumhohes Vision Board mit Stoffmustern, Shownotes und Castingfotos ihrer Herbstshow 2025 eine ganze Wand einnimmt. „Es ist so faszinierend, Kleidungsstücke unter dem Gesichtspunkt zu betrachten: ‚Was auch immer Ihr Job ist, Ihre Kleidung ist da, um Sie zu unterstützen.‘“
Die Bürokultur steht unter Beobachtung und wird gleichzeitig auf ein Podest gestellt, und die Generation, die fünf Jahre nach dem Lockdown in die Büroarbeit eintritt, hat ein kompliziertes Verhältnis zu Karriere und Identität. Wade hat ihre Marke um eine leicht retro-orientierte Arbeitsfantasie herum aufgebaut und beleuchtet Details der Bürokleidung, die im Alltagsstress vielleicht unbemerkt bleiben. Ihre letzten vier Kollektionen – The Commute, Out of Office, The Audit und The Merger – weisen allesamt starke Workwear-Motive auf, sei es eine abgewandelte Version eines Button-up-Hemdes oder eine zum Maxirock umfunktionierte Cargohose. „Businesswoman Special“ mag die allgemeine Ästhetik sein, aber ein genauerer Blick zeigt, wie skurril diese Kategorie sein kann. Ihre Muse ist „das Mädchen, das im Büro tagträumt“, sagt Wade. „Sie ist die Person, zu der man sagt: ‚Das solltest du heute nicht tragen‘, aber sie sagt: ‚Aber es ist ein Hemd.‘“ Im Jane-Wade-Universum könnte dieses Hemd ein Abendkleid, ein Bustier, ein bauchfreies Top oder eine ultraverdrehte Kreation sein, die, sagen wir mal, den Traditionalisten im Büro vielleicht nicht gefallen würde.
Ein Moment, den Wade-Fans jeder Couleur verstehen konnten, war das Finale ihrer Herbst-2025-Show, bei der eine ultra-elegante Lisa Rinna in einem bodenlangen grauen Blazer mit weit ausgestellten Schultern auftrat und eine „feindliche Übernahme“ durchführte. Solche Handlungsstränge sind integraler Bestandteil von Wades Marke. Selbst wenn es nicht offensichtlich bürokratisch ist, wie bei ihrer „Out of Office“-Kollektion, die sich mit Wintersportausrüstung beschäftigt, ist die Geschichte genauso wichtig wie die Konstruktion der Kleidungsstücke.
Sie hat außerdem ein Händchen für Storytelling durch Kooperationen und arbeitet mit Marken wie Nike, Salomon, Olipop und Bru Eyewear zusammen. „Für diese Saison war Docusign unser perfekter Partner“, sagt Wade über die Partnerschaft mit der Plattform. „Jede Partei hat der anderen etwas Einzigartiges zu bieten – Unternehmen müssen Marketingbudgets investieren und es ist ihnen wichtig, in die Communities integriert zu sein, an die sie verkaufen möchten.“ Für zukünftige Partnerschaften hat Wade einige unerwartete, aber durchaus passende Giganten im Auge: Staples, Bic, Post-It, Carhartt und weitere.
Und was steht als Nächstes für Wade in Sachen Kreativität an? Sechskantmuttern. Ganz genau. Trotz Büro-Gerede, Corporate-Ästhetik, Wendungen und Ironie sticht Wade in der Masse der Marken durch ihre Materialien hervor, die ein eigenes Thema sein könnten. Sie verwendet dicke, technische Stoffe, zarte, aber strapazierfähige Strickwaren und strategisch platzierte Druckknöpfe, Reißverschlüsse und Knöpfe für wandelbare Silhouetten. Und getreu ihrem Ethos verwendet sie auch echte Metallteile, um metallische Stücke zu kreieren, die Kunst und Rüstung zugleich sind. Bevor ich ihr Studio verließ, brachte Wade mir ein 5 x 5 cm großes Musterstück ihres neuesten Experiments mit, das mit einer Technik hergestellt wurde, bei der Metallkomponenten – Sechskantmuttern im wahrsten Sinne des Wortes – mit zarteren Stoffen wie Seide kombiniert werden. Es war ein schweres Musterstück und eindeutig noch in Arbeit, aber genau wie die Marke selbst bin ich gespannt, was daraus wird.
Eine Version dieser Geschichte erscheint in der Sommerausgabe 2025 von ELLE.
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