IBM kündigt für 2028 den ersten groß angelegten, fehlertoleranten Quanten-Supercomputer an

Der Technologiekonzern IBM hat Pläne zum Bau des weltweit ersten groß angelegten, fehlertoleranten Quantencomputers angekündigt. Der Quantum Starling soll im neuen Rechenzentrum des Unternehmens in Poughkeepsie, New York, stehen und 20.000-mal mehr Rechenoperationen ausführen können als aktuelle Quantenmaschinen. Er soll 2028 einsatzbereit sein und Nutzern ein Jahr später über die Cloud zur Verfügung stehen.
„IBM erschließt die nächste Grenze des Quantencomputings“, sagte Arvind Krishna, Präsident und CEO des Unternehmens. Ein Quantencomputer mit dieser Fähigkeit, ausgestattet mit Hunderten oder Tausenden logischen Qubits, könnte Hunderte Millionen oder sogar Milliarden von Operationen ausführen und so Zeit und Kosten in Bereichen wie der Arzneimittelentwicklung, Materialforschung, Chemie und Optimierung sparen.
Die Fähigkeit von Quantencomputern, Fehler zu korrigieren, ist eine technische Herausforderung, die die Branche seit Jahren beschäftigt. Gelingt Starling dies, verschafft es sich einen deutlichen Vorteil gegenüber Konkurrenten wie Google und Amazon Web Services.
Die Fehlerkorrektur bei Quantencomputern ist deshalb so kompliziert, weil klassische Maschinen Informationen als Bits (Einsen und Nullen) kodieren, Quantencomputer jedoch Qubits verwenden, die Überlagerungen beider Werte gleichzeitig darstellen können. Ein Fehler tritt auf, wenn die Maschine ein bestimmtes Qubit bearbeitet, dabei aber versehentlich das benachbarte Qubit stört. Diese Fehler akkumulieren sich mit der Zeit, und ohne Korrektur sind die Ergebnisse ungültig.
Anstatt mit einem einzelnen physikalischen Qubit zu arbeiten, müssen Fehlerkorrekturalgorithmen eine Reihe von Qubits, sogenannte logische Qubits, kodieren. Bisher funktionierten diese Algorithmen jedoch nur im kleinen, experimentellen Maßstab. Die Architektur, die IBM diesen Montag in zwei Publikationen vorstellte, verspricht eine Lösung für dieses Problem. Die erste Studie präsentiert die qLDPC-Codes, die die Anzahl der für die Fehlerkorrektur benötigten physikalischen Qubits drastisch reduzieren und den erforderlichen Overhead im Vergleich zu anderen bekannten Codes um etwa 90 % verringern. Laut den Autoren schafft sie die notwendigen Ressourcen für die zuverlässige Ausführung umfangreicher Quantenprogramme. Die zweite Studie beschreibt, wie Informationen aus physikalischen Qubits effizient dekodiert werden können, und zeigt, wie Fehler mithilfe herkömmlicher Rechenressourcen in Echtzeit identifiziert und korrigiert werden können.
IBMs Ziel ist es, Aufgaben zu bewältigen, die für heutige Maschinen unmöglich sind. Dafür werden 200 logische Qubits benötigt, die mit den Chips des Unternehmens gebaut werden. Hält Starling sein Versprechen ein, wird es in der Lage sein, 100 Millionen aufeinanderfolgende logische Operationen präzise auszuführen, während aktuelle Rechner nur wenige Tausend schaffen.
Dennoch ist unklar, ob Starling praktische Probleme lösen kann. Laut der Zeitschrift des Massachusetts Institute of Technology (MIT) gehen einige Experten davon aus, dass eine Milliarde fehlerkorrigierter logischer Operationen erforderlich sind, um einen nützlichen Algorithmus auszuführen. Ob Starling dieses Ziel erreichen wird, bleibt ein Rätsel.
Um dieses Ziel bis 2029 zu erreichen, hat IBM einen Fahrplan mit den wichtigsten technologischen Meilensteinen erstellt. Jeder geplante neue Prozessor adressiert spezifische Herausforderungen. Der für dieses Jahr geplante Loon beispielsweise soll Architekturkomponenten des qLDPC-Codes testen, darunter „C-Koppler“, die Qubits über größere Entfernungen innerhalb desselben Chips verbinden. Nächstes Jahr erscheint Kookaburra, IBMs erster modularer Prozessor zur Speicherung und Verarbeitung verschlüsselter Informationen. Er kombiniert Quantenspeicher mit logischen Operationen, dem Grundbaustein für die Skalierung fehlertoleranter Systeme über einen einzelnen Chip hinaus. Für 2027 ist Cockatoo geplant, der Quantenchips als Knoten in einem größeren System verbinden soll. 2029 folgt Starling.
Doch IBM wird sich hier nicht zufrieden geben. Nach Starling plant das Unternehmen den Bau von Blue Jay, der 2.000 logische Qubits enthalten und voraussichtlich eine Milliarde logische Operationen ausführen kann.
ABC.es