Laut Kopfschmerzexpertin: Das könnte Migräne über deine Persönlichkeit verraten
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Rund 27 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland haben im Laufe ihres Lebens Migräne, drei von vier dieser Personen sind weiblich. Was wir noch über Migräne-Menschen wissen – und welche Persönlichkeitsmerkmale sie häufig aufweisen.
Wie belastend und einschränkend Migräne sein kann, wissen vermutlich nur Menschen, die selbst an den krassen Schmerzattacken leiden. Prof. Dr. Dagny Holle-Lee ist Neurologin sowie Kopfschmerzexpertin und leitet das Westdeutsche Kopfschmerz- und Schwindelzentrum an der Universitätsklinik Essen. Dabei beschäftigt sie sich auch damit, wie das Migräne-Hirn funktioniert – und wie es die Persönlichkeit beeinflusst.
Im Interview mit "GEO" sagt sie dazu direkt: "Der Versuch, eine Migräne-Persönlichkeit zu definieren, ist bislang gescheitert." Dennoch würden im Praxisalltag Besonderheiten auffallen: "Das sind häufig Menschen, die sehr strukturiert und genau sind. Zuverlässige Perfektionistinnen, die mit top ausgefüllten Kopfschmerzkalendern zum Termin kommen und sich penibel vorbereitet haben."
Zuverlässig, strukturiert, perfektionistisch: Die typische Migränepatientin?Und diese Merkmale können ihnen durchaus zugutekommen – vielleicht ein Silberstreif am Schmerz-Horizont. "Ich glaube, dass allein schon die hohe Strukturiertheit und Sorgfalt, die ich bei meinen Patientinnen und Patienten beobachte, in vielen Berufen von Vorteil ist", erklärt Dr. Holle-Lee. "Jedenfalls in den Phasen, in denen sie gerade keine Kopfschmerzen haben. Wenn man aber ständig stärkste Kopfschmerzen hat und im Alltag ausfällt, nützt einem auch der schnellste Porsche im Kopf nichts."
Aber heißt das, dass Menschen mit Migräne auch intelligenter sind? "Als Beleg für die geistigen Fähigkeiten von Migränikern werden ja gern prominente Beispiele angeführt wie Marie Curie, Salvador Dalí oder Richard Wagner", meint Dagny Holle-Lee dazu. "Und in mancher Hinsicht funktioniert das Migränegehirn tatsächlich 'zu gut'. Dass Menschen mit Migräne grundsätzlich besonders intelligent oder kreativ sind, lässt sich schlussendlich aber nicht beweisen."
Migräne und HochsensibilitätZu einem anderen Bereich sieht die Kopfschmerzexpertin aber durchaus Verbindungen. "Es gibt große Überschneidungen zwischen dem Phänomen der Hochsensibilität und Migräne." Sie glaube sogar, dass sich hinter solchen Diagnosen häufig eine Migräne verbirgt oder zumindest noch zusätzlich vorhanden ist. "Oft wird die Migräne dann aber nicht als solche erkannt."
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Laut der Neurologin erfüllen Menschen mit Migräne auch eine wichtige Rolle in Gemeinschaften, "weil sie oft sensibler auf die Reaktionen ihrer Mitmenschen reagieren, mehr Nuancen wahrnehmen und dadurch Personen auch besser einschätzen und sich entsprechend verhalten können."
All diese positiven Eigenschaften und Fähigkeiten mögen Menschen, die an starken Migräneattacken leiden, im Moment des Schmerzes nicht viel nützen. Aber dennoch können die Beobachtungen von Dagny Holle-Lee vielleicht ein kleiner Trost sein – und dabei helfen, Migräne und die Menschen, die hinter der Krankheit stehen, noch ein Stück mehr zu verstehen.
mbl Brigitte
brigitte