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Haben & Sein: Sex sells - immer noch

Haben & Sein: Sex sells - immer noch

Irgendwer bei American Eagle Outfitters muss sich daran erinnert haben, dass die Calvin-Klein-Jeanswerbung mit Brooke Shields - „Do you want to know what comes in between me and my Calvins? Nothing“ - in den Achtzigern nicht nur für viel Aufregung, sondern auch für ziemlich gute Verkäufe sorgte. Sex sells, stupid! Und weil die amerikanische Marke dringend mehr Umsatz gebrauchen konnte, machte sich irgendein „Kreativer“ an die Arbeit und ersann eine Reihe von Jeanswerbevideos, die platter nicht sein könnten. Als Model allerdings holten sie sich die Schauspielerin Sydney Sweeney, die nicht umsonst von allen möglichen Marken engagiert wird: Sie ist auch sexy und verkauft ganz offensichtlich.

Mal kriecht die Kamera also in ihren Ausschnitt statt auf ihrem Gesicht zu bleiben, mal klopft sie sich genüsslich den Staub vom Hintern. Im Netz hagelte es sofort Parodien. Aber siehe da: Der Aktienkurs von American Eagle kletterte sofort nach oben. Manchmal können die Dinge so einfach sein. Oder? Nicht ganz. In einem dritten Spot spricht Sweeney nämlich über Gene, die von den Eltern an ihren Nachwuchs weitergegeben werden. Und dass ihre „blau“ seien. Im Abspann heißt es dann zweideutig: „Sydney Sweeney has good Jeans“, was im Englischen fast so klingt wie „gute Gene“. Das in Verbindung mit einer blauäugigen, blonden, weißen Frau - puh, schwierig. Der Aufschrei folgte verlässlich, und wie im aktuellen Kulturkampf üblich natürlich von beiden Seiten. Die „Linke“ findet die Message problematisch bis rassistisch. Die üblichen Rechten wie Matteo Salvini oder der texanische Senator Ted Cruz, echauffieren sich darüber, dass die woke Welt etwas gegen schöne Frauen hat. Ah ja. Und der Aktienkurs? Ist wieder ein bisschen gesunken, aber immer noch deutlich höher als vor der Kampagne.

Gib Gummi
(Foto: Ferragamo)

Modefirmen engagieren schon lange Starregisseure, um ihre Werbekampagnen in echte „Blockbuster“ zu verwandeln. Jüngste Episode: Ferragamo engagierte Alice Rohrwacher für den hübschen Sommerclip „L’Avventura“ im Stil der alten Cinecittà-Filme. Im Abspann stehen – neben Designer Maximilian Davis – gleich noch zwei Namen: Lotta Volkova als Stylistin, die sonst meist mit Miuccia Prada bei MiuMiu wirkt, und Ferdinando Verderi, der italienische Über-Kreative, der hier als Campaign Creative Director fungierte. Ganz schön viel Staraufgebot für einen kurzen Streifen. Das „Fashiontainment“ hat endgültig übernommen, damit die Kleider und Accessoires laufen lernen - und am besten auf dem schnellsten Weg in die Häuser der Kunden wandern. Jetzt wurde gleich noch das Video „Summer Escape“ nachgeschoben, mit strandtauglichen Taschen und Schuhen. Bester Hauptdarsteller, wie immer: die legendären Vara-Ballerinas in der Jelly-Variante. Perfekt für den Beach. Oder anders nasse Sommertage.

(Foto: Taschen Verlag)

Lisette Model, amerikanische Fotokünstlerin, würde man nicht unbedingt mit den Bildwelten von Bruce Weber in Verbindung bringen. Die gebürtige Wienerin war vor der Emigration 1938 bekannt für sozialkritische Reportagen, in New York arbeitete sie für Magazine wie Harper’s Bazaar, aber auch an ungeschönten Serien über Menschen, die nicht am amerikanischen Traum teilhaben können. Weber, einer der berühmtesten Modefotografen und bekannt für perfekt arrangierte Szenen, Gesichter, Körper, hat sein neues Buch „My Education“ seiner Lehrerin gewidmet. „For my teacher Lisette Model“ steht am Beginn von gut 560 Seiten, edler Leineneinband, Großformat (Taschen Verlag).

Dass Weber auf seine Lehrzeit verweist und darauf, bei wem er sie absolvierte, mag verschiedene Gründe haben. Leute, die in der Modebranche arbeiten, gelten oft vorschnell als oberflächlich, eine fundierte Ausbildung klingt da fast überraschend. In seinem speziellen Fall geht es wohl auch um den Versuch einer schrittweisen Rehabilitation. Weber war im Rahmen der Metoo-Bewegung von Models beschuldigt worden, ähnlich wie sein Kollege Mario Testino, 2021 wurde die Klage fallen gelassen. Und der wuchtige Band, den man als eine Art Überblick über sein Lebenswerk betrachten kann, ist natürlich in erster Linie das Buch eines Modefotografen. Also voller bildschöner Menschen, Frauen wie Männer, Supermodels genauso wie Unbekannte.

Jede der Aufnahmen ist bis ins Detail durchkomponiert. Sie sehen aber aus wie zufällig entstandene Shootings mit einer Handvoll netter junger Leuten aus der Nachbarschaft in Los Angeles oder den Hamptons – inszenierte Spontanität, genau das war der Look seiner Kampagnen für Ralph Lauren, Calvin Klein oder Versace, mit denen er von den Achtzigerjahren an rasant Karriere machte. Aber Weber ist auch ein großartiger Portraitist, das zeigen seine Fotografien von Tom Waits, Cy Twombly oder der statuarischen Georgia O’Keeffe. Dass viele Musiker darunter sind, hätte der Jazz-Freundin Lisette Model gefallen (taschen.com).

süeddeutsche

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