Finanzen zwischen 45 und 60+: Was du zwischen 45 und 60 für deine Finanzen tun kannst

von Jennifer Spatz
4 Min.In jedem Alter, selbst kurz vor der Rente, lässt sich die finanzielle Situation durch kluges Handeln verbessern.
Nichts überstürzen, aber auch nicht ewig warten – was fürs Lebensgefühl ab 45 gilt, gilt in diesem Alter auch für eine gute Finanzstrategie. Vor allem wer vorhat, noch mal den Sprung in etwas ganz Neues zu wagen, sei es privat oder beruflich, sollte zwei Projekte jetzt in Angriff nehmen:
1. Rauf mit dem Gehalt!Zwischen 45 und 60 haben die meisten den Höhepunkt ihrer Karriere erreicht – aber wahrscheinlich noch längst nicht den Zenit ihres Gehalts. Besonders Frauen verhandelten viel zu selten ihren Lohn, sagt die Gehaltscoachin Ljubow Strobel: "Sie denken oft, dass Führungskräfte ja sehen würden, wie gut sie mitarbeiten, und ihnen mehr Gehalt bieten müssten." Aber so gefällig seien Vorgesetzte nur selten. "Diese Personen haben die Vorgabe, wirtschaftlich zu denken. Und vielleicht entsteht einfach der Eindruck: Wer nicht fragt, ist schon zufrieden."
Daher sollten Angestellte – und auch Selbstständige – mindestens alle zwei Jahre über das Thema Geld sprechen. So kann das Gehalt mit der eigenen Leistung, Erfahrung und der Inflation Schritt halten.
Sechs Tipps von Ljubow Strobel, damit das auch gelingt:

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► Besser von "Gehaltsanpassung" sprechen als von "Gehaltserhöhung". Das suggeriert: Die bisherige Bezahlung passt nicht zur erbrachten Leistung.
► Vor dem Gespräch unbedingt den eigenen Marktwert checken, etwa durch Onlineportale wie Kununu oder Gespräche mit Teammitgliedern.

► Beim Gespräch selbst den eigenen Mehrwert fürs Unternehmen hervorheben. Ihre Vorgesetzte interessiert nicht, dass dein Leben vielleicht teurer geworden ist. Was zählt, sind erfolgreiche Projekte oder Verantwortung für Kolleginnen oder Kunden.
► Totschlagargumente kontern. Sagt deine Chefin etwa "Ich würde Ihnen ja mehr Geld geben, aber ich habe kein Budget", könnte eine Antwort sein: "Schön, dass Sie auch sehen, dass mein Gehalt und entsprechend das Budget angepasst werden sollte. Wie kann ich Sie unterstützen, das umzusetzen?"
► Stille aushalten. Strobel rät: "Wenn du dich vermeintlich in der Sackgasse fühlst, sage doch einfach mal: 'Puh, das ist für mich jetzt nicht zufriedenstellend.'" So werde klar: Man lässt sich nicht abwimmeln. Danach gelte es, Ruhe zu bewahren, auch wenn das Gegenüber nicht sofort reagiert. Das demonstriere, wie ernst einem die Verhandlung sei.
► Dein Gegenüber bleibt hart? Dann versuche, Benefits aushandeln. Schließlich lässt sich nicht nur das Gehalt, sondern auch die Zahl der Urlaubstage oder die Finanzierung einer Weiterbildung verhandeln. Man sollte aber nicht zu schnell auf solche Alternativen ausweichen. "An erster Stelle steht stets das Basisgehalt, davon gehen schließlich auch die Beiträge für die Rentenkasse ab", sagt Strobel.
Im Webinar der BRIGITTE Academy zeigen dir Finanzexpertin Claudia Müller und Wirtschaftsjournalistin Laura Maria Weber in 60 Minuten, wie du deine Rentenlücke ermitteln und sich vor Altersarmut schützen.
Als Faustregel gilt: Wer nach dem Renteneintritt seinen Lebensstandard halten will, benötigt rund 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens. Die lassen sich allein durch Rentenansprüche verschiedenster Art aber oft nicht decken.
Doch auch nach dem 50. Geburtstag bleibt genügend Zeit, um diese Lücke zu stopfen. Kläre dafür zunächst, wie viel Geld dir im Ruhestand wahrscheinlich zur Verfügung steht – zum Beispiel mit der Digitalen Rentenübersicht der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Auf der Seite rentenuebersicht.de muss man sich mit seinem Personalausweis (mit freigeschalteter Online-Funktion) und seiner Steuer-ID authentifizieren und kann dann seine gesetzlichen, betrieblichen und privaten Ansprüche anfragen; die DRV stellt dazu eine Übersicht zusammen. Prüfe vor allem die voraussichtliche Höhe deiner gesetzlichen Rente, schließlich macht die in der Regel den höchsten Anteil deiner Ansprüche aus. Meist werden mehrere Szenarien ausgewiesen, je nachdem mit wie viel Rendite gerechnet wird. Gehst du am besten von einer eher moderaten Entwicklung mit einem Plus von jährlich zwei bis vier Prozent aus.
Du hast zusätzlich durch Investments auf dem Kapitalmarkt fürs Alter vorgesorgt? Dann prüfe auch hier, wie viel dir bei Renteneintritt wohl zur Verfügung steht. Auch wegen des Zinseszinseffekts lässt sich das nicht so leicht ermitteln wie die Rentenansprüche. Tools wie zinsen-berechnen.de liefern aber zumindest eine Hausnummer. Wichtig: Bleibe ruhig, sollte dein Depot zwischendurch rote Zahlen zeigen. Kursschwankungen sind normal, Krisen haben ein Ende. Wer aktuell in den 50ern ist, hat noch mindestens zehn Jahre bis zur Rente. Das reicht meist aus, damit sich Kurse von Einbrüchen erholen.
Deine Rentenansprüche und das vermutlich angesparte Vermögen rechnest du nun zusammen. Ist die Summe, die dir monatlich zur Verfügung stünde, niedriger als 80 Prozent deines aktuellen Nettoeinkommens? Dann starte jetzt deine finanzielle Aufholjagd! Am unkompliziertesten lässt sich Vermögen nach wie vor über ETFs generieren, über Indexfonds also, die deine Investitionen auf verschiedene Unternehmen streuen. Da nicht klar ist, wie sich die Wirtschaft in naher Zukunft entwickeln wird – Stichwort: US-Zollpolitik – solltest du jedoch nicht nur in einen ETF investieren, der den MSCI World oder seine vielen Ableger nachbildet. Diese und ähnliche Indizes bestehen vor allem aus US-Werten. Und eine so hohe Konzentration birgt auch ein großes Risiko. Kriselt es in den USA, kann die Rezession eines einzigen Landes das eigene Depot in rote Zahlen stürzen. Streuen deine Investitionen also lieber, und stecke einen Teil etwa in einen Fonds mit Europa-Schwerpunkt. Auch europäische Anleihen, bei denen man europäischen Unternehmen oder Staaten Geld leiht und dafür Zinsen bekommt, können eine sinnvolle Ergänzung des Depots sein.
In der Rente kannst du deine Investments dann nach und nach verkaufen. Entsparen nennt sich das. Der Vorteil: Solange immer noch Geld investiert ist, ergibt sich auch weiterhin eine Rendite. Ist der Plan, das ganze angelegte oder ersparte Kapital vor Lebensende aufzubrauchen, gilt es, eher vorsichtig zu rechnen: Frauen leben laut Statistischem Bundesamt nach dem 60. Geburtstag im Schnitt weitere 23 Jahre, viele aber auch sehr viel länger. Dafür muss das Geld natürlich reichen. Du hast es dir schließlich verdient.
Brigitte
brigitte