Mehrere europäische Länder fordern den Ausschluss Israels vom ESC


Martin Sylvest Andersen / Getty
Der Eurovision Song Contest findet im Mai 2026 in Wien statt. Welche Länder am internationalen Song-Wettbewerb teilnehmen werden, ist im Moment aber unklar.
NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.
Bitte passen Sie die Einstellungen an.
Schon 2024 in Malmö und letztes Jahr in Basel wurde Kritik laut an der Teilnahme Israels, das sich seit dem Terroranschlag auf die israelische Zivilbevölkerung im Oktober 2023 im Krieg mit der Hamas befindet. In Schweden und der Schweiz wurde den israelischen Kandidatinnen Eden Golan und Yuval Raphael von Konkurrenten sowie seitens der Öffentlichkeit auch der Vorwurf gemacht, ihren ESC-Auftritt für Propaganda zu missbrauchen.
Seit der Eskalation des Gaza-Konflikts mehren sich Stimmen, die Israel vom nächsten ESC ausschliessen wollen. Für die Zulassung einzelner Länder ist die European Broadcasting Union (EBU) zuständig. Einzelne Mitglieder der EBU haben ihre Beteiligung am europäischen Musikwettbewerb nun von einem Boykott Israels abhängig gemacht.
Krieg in GazaIrland machte am 11. September den Anfang. Die irische Rundfunkstation RTÉ liess verlauten, «dass eine Teilnahme Irlands angesichts des anhaltenden und entsetzlichen Verlusts von Menschenleben im Gazastreifen unvertretbar wäre».
Tags darauf äusserte man seitens der niederländischen Rundfunkgesellschaft Avrotros ähnliche Bedenken. Angesichts des «schweren menschlichen Leidens in Gaza» sei Israels Teilnahme nicht länger zu verantworten, hiess es in einer Erklärung. Der Sender kritisierte überdies die «schwerwiegende Aushöhlung der Pressefreiheit» durch Israel.
Kritik an einer Teilnahme Israels haben unterdessen die Rundfunkstationen in Spanien, Island, Belgien und Frankreich geäussert. Slowenien geht bereits von einem ESC-Verzicht aus. Die anderen kritischen Sender wollen jedoch entsprechende Verhandlungen der EBU im Dezember abwarten, bevor sie sich für einen Boykott entscheiden.
Für die Teilnahme Israels haben sich bis jetzt zwei Länder ausgesprochen: Österreich, das den Wettbewerb nächstes Jahr veranstaltet, und Israel selbst. Es gebe keinen Grund, warum Israel nicht bei diesem künstlerischen Wettbewerb mitmachen sollte, der unter keinen Umständen politisch werden dürfe, sagte der Direktor des israelischen Fernsehsenders KAN.
Wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» berichtet, sollen aber Verhandlungen der EBU mit KAN im Gange sein: Man habe dem Sender empfohlen, sich für ein Jahr vom ESC zurückzuziehen, den israelischen Beitrag unter neutraler Flagge zu präsentieren oder aber sich von der israelischen Regierung zu distanzieren.
Das ReglementDer ESC, der als unpolitische Veranstaltung konzipiert wurde, wird immer mehr politisch aufgeladen und selber zum Politikum. Neu sind politisch motivierte Absagen und Boykotte allerdings nicht. Als etwa 2009 der Song «We Don’t Wanna Put In» von der EBU als Russland-Kritik abgewiesen worden war, verzichtete Georgien auf die ESC-Teilnahme in Moskau. Und 2017 verweigerten ukrainische Behörden der russischen ESC-Kandidatin die Einreise, weil diese zuvor auf die illegal annektierte Halbinsel Krim gereist war.
Es ist gewiss verständlich, dass die EBU im Sinne des Wettbewerbsreglements «Ansprachen und Gesten politischer Natur» zu verhindern sucht. Tatsächlich aber hat der ESC auch eine demokratische Struktur. Das Publikum ist nicht nur bei der Kür des Siegersongs beteiligt, sondern auch bei den Vorausscheidungen. Es könnte sich bei den Halbfinals für oder gegen eine Finalteilnahme Israels aussprechen. 2025 ist der israelische Beitrag beim Publikum gut weggekommen. Die Sängerin Yuval Raphael belegte im Zuschauer-Voting den zweiten Platz.
nzz.ch